Buchtipp: Jens Baum „Wie’s weitergeht, wenn nichts mehr geht“

In meinem letzten Blog-Beitrag habe ich mit dem Spruch:

Überlegen Sie, wie Sie einen Fluss überqueren, erst dann, wenn Sie am Fluss angekommen sind!

auf ein Buch von Jens Baum verwiesen.

Dieses trägt den oben schon genannten Titel: „Wie’s weitergeht, wenn nichts mehr geht. Strategien in schwierigen Zeiten“ und ist mittlerweile in der 11. Auflage Kösel-Verlag erschienen. (ISBN 346 6305 713)

2013-12-10 15.26.06

Dieses Buch begleitet mich nun schon seit mehreren Jahren beruflich wie privat. Beruflich, indem ich Ideen oder Zitate daraus in meinen Seminaren einsetze. Privat, weil es mich immer wieder anregt, über eigene Erfahrungen oder Sichtweisen neu nachzudenken.

Es gibt ja Tausende von Ratgebern zu den verschiedensten Themen von durchaus sinnvollen Reparaturanleitungen für das eigene Automodell oder fragwürdige Bücher, die das ewige Glück in wenigen Tagen verheißen.

Jens Baums Buch gehört für mich eindeutig zu den nützlichen. Vor allem weil er die Krise, aus der das Buch (mit)heraus helfen möchte, am eigenen Leib erlebt hat:
Als erfolgreicher Frauenarzt in eigener Praxis hatte er sich finanziell „verhoben“, fiel danach bei dem Versuch der Schuldentilgung auf kriminelle Immobilienberater rein und verlor dadurch letztlich seine Praxis. „Hinzu kam der Verlust an Ansehen, ich erfuhr Verachtung, hörte wegen des Praxisverlustes von bösen Gerüchten, kurz: Ich stürzte tief…“ (Seite 10).

Wie er sich aus diesem tiefem Loch wieder herausarbeitete, ist eine der spannendsten und vor allem lehrreichsten und anregendsten Begleiter, die ich lesen durfte. Nach einiger Zeit als Therapeut in einer psychosomatischen Klinik arbeitet er heute wieder eigener Frauenarztpraxis in der Nähe von Ulm.

Er zeigt auf, wie es ihm (und uns) möglich ist, die „innere Ruhe und Zufriedenheit, den inneren und äußeren Reichtum, die Erfüllung im Leben zu finden.“ (S. 11).

Wichtig ist es dafür, die eigenen Denkmuster und Verhaltensweisen radikal in Frage zu stellen. Ob sie für mich selbst und meine Familie weiterhin hilfreich und förderlich sind. Oder uns zu sehr an einer guten Entwicklung behindern. Damit verbunden ist die Übernahme der eigenen Verantwortung für das eigene Leben und die eigenen Gefühle.

Wir alle sind selbst der „Chef“ und „Dirigent“ in unserem Leben!

Dazu kann gehören, die Verantwortung für unser Leben absolut zu übernehmen. Klar, werden Sie sagen, mache ich, kenne ich von vielen Einträgen in verschiedenen Blogs und aus schlauen Büchern.

Wirklich? Wie oft sehen Sie sich manchmal noch als Opfer, dem etwas „geschieht“? Opfer Ihrer Kindheit, Ihrer Umgebung, Ihres Partners, Ihres Chefs, Ihrer Sorgen und Probleme, der Euro-Krise und so weiter…? Alles geklärt für Sie, kein Thema? Dann lohnt das Buch sich für sie nicht!!

Für die anderen: Jens Baum begleitet Sie auf den folgenden 200 Seiten dabei, wie das konkrete „Verantwortung übernehmen“ genau aussehen könnte. Ich schreibe bewusst „KÖNNTE“, denn jeder Weg verläuft anders. Da ist ein zu enges 1:1 Übernehmen seiner Erfahrungen kaum möglich und auch nicht gewünscht. Aber die Übernahme einzelner Sichtweisen kann schon recht weit führen.

So habe ich mir den oben genannten Satz: „Überlegen Sie, wie Sie einen Fluss überqueren, erst dann, wenn Sie am Fluss angekommen sind!“ gerne in mein Schatzkästlein übernommen.

Wie oft habe ich mir – etwa vor einem Seminar – unnötige Gedanken gemacht: über die TeilnehmerInnen, die Räume, den Veranstalter, meine mögliche Tagesform… und es kam doch ganz anders, als ich mir ausgemalt hatte. Das heißt ja nicht, ganz unvorbereitet anzureisen, aber auch, sich nicht mit unnötigen Grübeleien vorher die Laune zu verderben.

Bezogen hat Baum diesen Satz auf einen ausgedachten Siedler-Treck in den USA, die im 19 Jahrhundert auf dem Weg nach Westen auf einer Anhöhe in der Ferne den weiten Mississippi entdecken und sich nun zwei Tage bis zum Erreichen des Ufers sorgen, ob der breite Fluss das Ende ihres Trecks in den Westen darstellen wird.

Doch kaum angekommen, sind die Sorgen unbegründet, denn die Späher entdecken eine Furt, die ein problemloses Überqueren des mächtigen Flusses ermöglicht.

Vielleicht kennen Sie das auch manchmal von sich, dass Sie sich vor kommenden Ereignissen lange und energieraubend die schlechteste aller Möglichkeiten vorstellen. So schreibt Baum zurecht:

„Fast alle Sorgen um etwas erweisen sich im Nachhinein als unnötig.“

Schön ist auch der Satz „Worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit richten, dorthin fliesst Ihre Lebenskraft“. Den Satz kennen manche von Ihnen vielleicht noch in alter Form aus den Selbsterfahrungsseminaren der 80 und 90 er Jahre: „Gedanken haben Kraft“. Es geht um die innere Ausrichtung unseres Lebens, um Vertrauen, um Zuversicht, ums Loslassen hinderlicher Gedankenmuster.

„Sie können nicht mit den gleichen Denk- und Verhaltensmustern, mit denen Sie in die Krise geraten sind, aus dieser wieder herausfinden.“

Das erlebe ich immer wieder zum Beipsiel bei der Beratung von KlientInnen mit Burn-Out-Gefährdung, die mit hohem Perfektionismus und enormen Stundeneinsatz versuchen, den drohenden Zusammenbruch aufzuhalten. Was unvermeidlich zum Scheitern verdammt ist! Denn es geht um Loslassen, um Geschehen lassen mit allen Konsequenzen. Was bei Burn-Out heißt, die eigenen Einstellungen und Verhaltensweisen müssen komplett überprüft und umgestellt werden. Vergleichbar mit der Neuformatierung einer viren-verseuchten Festplatte eins PCs.
So geht es weiter durch das Buch…

  • Über den Umgang mit der eigenen Energie („Haben Sie bislang gute Erfahrungen damit gemacht, die fehlende Energie bei anderen zu suchen?)
  • Schuldzuweisungen („ Das Festhalten an den erbärmlichen Taten anderer heißt, deren Werk an Ihnen heute fortzusetzen“)
  • Loslassen („Die Realität akzeptieren heißt nicht, sie gutzuheißen, sondern sie als Herausforderung anzunehmen“) oder
  • Resonanz und Spiegel („Es ist unmöglich, negative Gedanken zu haben und gleichzeitig Lebensfreude zu spüren“).

Ein wahre Fundgrube an Weisheiten und Ideen. Vielleicht kennen Sie diese und ähnliche Gedanken schon aus Ihrer Beschäftigung mit sich und ihrem eigenen Lebensweg.

In Ihrer Schlüssigkeit und Konsequenz habe ich selten eine solche fundierte und fruchtbare Zusammenstellung gefunden.

Noch ein Schmankerl zum Abschluss:
„Nur wenn sie dem Leben vertrauen, wird das Leben auch Ihnen vertrauen bzw. Ihnen auch Gutes anvertrauen.“

Ich hoffe, ich konnte Ihnen/Euch ja etwas Lust auf die Lektüre machen, ohne das ganze Buch schon vorwegzunehmen.

Auch wenn es schon ein paar Jahre auf dem Markt ist, finde ich die Lektüre immer noch sehr lohnend.

Ich freue mich von Ihren und Euren Eindrücken zu hören!